Die Haftung des Planers im Zusammenhang mit Kosteninformationen

 

Die Kosteninformationspflicht des Architekten ist eine von den Vertragsparteien oftmals unterschätzte Thematik. Aufgrund der möglichen Haftungsrisiken und der Sicherstellung der Durchsetzbarkeit einer solchen Haftung, sollte dieser Themenbereich von Bauherr und Planer vor Unterzeichnung eines Planervertrages gründlich diskutiert werden.

Das Planen eines grösseren Gebäudes war seit je her eine komplexe Angelegenheit. Digitalisierung sowie die immer mehr Aufgaben übernehmenden Haustechnikanlagen bringen erhebliche Komfortgewinne und Einsparpotentiale, verkomplizieren die Arbeit der Planer aber auch erheblich. Mit der steigenden Komplexität steigt auch das Risiko von Fehlplanungen.

Bei Fehlern von Planern denkt man primär an falsch gezeichnete Pläne, die dazu führen, dass ein erstelltes Bauwerk nachträglich unter Aufwendung von hohen Zusatzkosten angepasst werden muss.

Der vorliegende Beitrag befasst sich jedoch nicht mit dieser Art von Planungsfehlern, sondern mit ausgewählten Haftungsrisiken von Planern im Zusammenhang mit der den Planern obliegenden Kosteninformationspflicht.

1. Rechtliche Grundlagen für die Kosteninformation im Planervertrag

Die Kostenprognose und die Kosteninformation sind für den Bauherrn enorm wichtige Instrumente, um seine finanziellen Mittel in einem Bauprojekt gezielt einsetzen zu können.

Aus dem Gesetz lassen sich zu diesem wichtigen Punkt aber keine konkreten Pflichten des Planers herauslesen. Diese Pflichten werden stattdessen aus der allgemeinen Rechenschaftspflicht des Planers gemäss Art. 404 OR abgeleitet.

Massgeblich ist im Endeffekt, was die Parteien im Vertrag vereinbart haben. Wird diesem Punkt nur rudimentär oder gar nicht geregelt, sind Streitigkeiten und allenfalls auch Gerichtsverfahren vorprogrammiert.

Um Missverständnisse und Unsicherheiten zwischen Planer und Bauherr zu vermeiden ist zu empfehlen, den Anforderungen an die Kostenprognose des Planers und der Intensität der Kostenüberwachung im Planervertrag besondere Aufmerksamkeit zu widmen und die relevanten Fragen bereits vor Unterzeichnung zu klären.

In diesem Zusammenhang bietet sich insbesondere die Anwendung der SIA Ordnungen 102, 103 oder 108 an. Diese Ordnungen formulieren verhältnismässig detaillierte Aufgaben, welche der Planer im Zusammenhang mit den Kostenschätzungen und dem Kostenmanagement zu erfüllen hat. Weiter finden sich in diesen Ordnungen auch Vorgaben und Leitlinien für den Planer in Bezug auf die Kostenschätzungen und -kontrollen.

So hält die SIA Ordnung 102 bspw. in Ziff. 4.32 fest, dass ein Planers im Rahmen des Bauprojekts einen detaillierten Kostenvoranschlag mit einer Toleranz von +/- 10% zu erstellen hat. Der Planer muss dieser Kostenermittlung laufend überprüfen und anpassen.

Zu beachten ist aber, dass diese SIA Ordnungen nicht automatisch Teil eines Planervertrages sind. Bei diesen Ordnungen handelt es sich nicht um Gesetze, sondern um Regelwerke einer privaten Organisation, welche wie allgemeine Geschäftsbedingungen zu behandeln sind. Diese Ordnungen gelten daher nur, wenn sie von den Vertragsparteien ausdrücklich zum Vertragsbestandteil erklärt werden.

Selbst wenn der Planervertrag einen Verweis auf die genannten Ordnungen der SIA enthält, ist einem Planer zur Sicherheit zu empfehlen, diese Toleranz von +/- 10% gegenüber einem unerfahrenen Bauherrn speziell zu erwähnen, diese Regelung im Planervertrag direkt festzuschreiben und/oder die massgebliche im Vertrag erwähnte SIA Ordnung dem Vertrag beizulegen. Andernfalls riskiert der Planer, dass ein Gericht im Streitfall zum Schluss kommen könnte, dass dem unerfahrenen Bauherrn die Toleranz nicht bewusst war und dass diese Regelung im Haftungsfall allenfalls nicht zur Anwendung kommt.

2. Haftung des Planers für falsche Kosteninformation

Wie vorstehend erwähnt, kann es aufgrund der grossen Komplexität eines Projekts dazu kommen, dass ein Planer bei der Erstellung des Kostenvoranschlages einen oder mehrere Fehler macht oder die Kostenkontrolle nicht richtig nachführt.

Nachfolgend wird in groben Zügen anhand von zwei ausgewählten Szenarien dargestellt, was dies für rechtliche Konsequenzen für den fehlbaren Planer haben könnte.

a)  Fehler bei der Erstellung des Kostenvoranschlages

Der Kostenvoranschlag basiert auf einer detaillierten Beschreibung der vorgesehenen Arbeiten und Lieferungen. Für alle wesentlichen Positionen muss der Planer die benötigten Mengen (Vorausmasse) ermitteln. In diesem Zusammenhang ist bspw. denkbar, dass ein Planer eine wesentliche Position im Kostenvoranschlag vergisst oder die benötigten Mengen viel zu tief kalkuliert. Beides führt dazu, dass die Baukosten höher ausfallen werden, als vom Planer im Kostenvoranschlag prognostiziert.

In solchen Fällen liegt eine Sorgfaltspflichtverletzung vor, welche zu einer Schadenersatzpflicht des Planers führen kann.

Der Schaden des Bauherrn besteht aber nicht in den Kosten der von Planer vergessenen oder falsch ermittelten Positionen bzw. den nicht im Kostenvoranschlag enthaltenen Kosten. Diese Kosten wären dem Bauherrn schliesslich auch bei korrekter Kostenprognose des Planers angefallen und stellen Ohnehinkosten dar. 

Der vom Planer im Falle einer solchen Pflichtverletzung zu ersetzende Schaden ist der sog. Vertrauensschaden des Bauherrn. Damit ist der Schaden gemeint, den der Bauherr erleidet, weil er auf die Richtigkeit des Kostenvoranschlags vertraut hat und deshalb nachteilige Dispositionen getroffen oder vorteilhafte Projektanpassungen unterlassen hat.

Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass dem Bauherrn im Falle einer teureren Ausführung seines Baus (welche bei korrekter Erstellung des Kostenvoranschlages nicht vorgenommen worden wäre) allenfalls ein Mehrwert in Form eines höheren Verkehrswerts seines Grundstücks zukommt. Soweit dieser Mehrwert einen Nutzen für den Bauherrn darstellt (sog. subjektiver Mehrwert), haftet ein Planer trotz fehlerhafter Erstellung des Kostenvoranschlages selbst dann nicht, wenn der Bauherr nachweisen kann, dass er sich bei Kenntnis der effektiven Kosten anders verhalten hätte.

Die Bestimmung des Vertrauensschadens des Bauherrn ist in der Regel schwierig und mit hohen Beweisrisiken verbunden. Es ist für einen Bauherrn nicht einfach, dem Gericht zu beweisen, dass er gewisse Dispositionen getätigt oder eben nicht getätigt hätte, wenn der ihm vorliegende Kostenvoranschlag korrekt und vollständig gewesen wäre. Insbesondere ist aber auch die Bezifferung des subjektiven Mehrwerts mit grossen Untersicherheiten verbunden und unterliegt einem grossen gerichtlichen Ermessen.

b)  Ungenügende Kostenkontrolle des Planers

In der Regel verfügen Bauherren über ein beschränkte Budget und teilen dieses Budget dem Planer mit. Solche Budgets werden von der Rechtsprechung als Kostenlimite verstanden.

Der Planer muss während des laufenden Projekts die Kosten und vor allem diese ihm kommunizierte Limite stets im Auge behalten und den Bauherrn über Abweichungen und insb. Überschreitungen informieren. Ohne Information darf der Bauherr davon ausgehen, dass sich die Kosten wie im Voranschlag prognostiziert entwickeln. Sobald der Planer also Zweifel hat, dass die im Kostenvoranschlag festgehaltene Summe bzw. vom Bauherrn vorgegebene Kostenlimite nicht eingehalten werden kann, ist er zur Vermeidung einer Haftung verpflichtet, umgehend den Bauherrn zu informieren.

Die Pflicht des Planers geht sogar so weit, dass er alles in seiner Macht Stehende tun muss, um eine Überschreitung der vorgegebenen Kostenlimite zu verhindern. Dies kann bedeuten, dass der Planer seine Arbeit allenfalls umgehend einzustellen hat. Dies aber natürlich nur, wenn der daraus möglicherweise folgenden Baustopp keinen grösseren Schaden für den Bauherrn bewirkt als die Fortführung mit den über Budget liegenden Kosten.

Verletzt der Planer die vorgenannten Pflichten in Bezug auf die Kostenkontrolle, kann er gegenüber dem Bauherrn schadenersatzpflichtig werden. Der Schaden besteht in den Mehrkosten, welcher der Bauherr mit der Anordnung der Kostenlimite gerade verhindern wollte.

Für die Berechnung des Schadens kann aber wie bei der fehlerhaften Erstellung des Kostenvoranschlages nicht einfach auf die Differenz zwischen den effektiven Baukosten und der vom Bauherrn angeordneten Kostenlimite abgestellt werden. Für die Berechnung der haftungsrelevanten Mehrkosten ist stattdessen von den Gesamtkosten des Baus auszugehen. Von diesen Gesamtkosten sind die vom Bauherrn gewünschte Bestellungsänderungen in Abzug zu bringen und die nachträglich seit Erstellung des KV weggefallenen Leistungen hinzuzurechnen. Ebenfalls von den Gesamtkosten abzuziehen sind die durch eine Pflichtverletzungen des Planers verursachte Mehrkosten/Schäden und Positionen, welche der Planer pflichtwidrig im Kostenvoranschlag nicht aufgeführt hat. Für diese Kosten ist die Haftung des Planers separat zu bestimmen (vgl. lit. a oben). Nur wenn nach Bereinigung der Gesamtkosten mit diesen Positionen ein Betrag verbleibt, welcher grösser als der im Kostenvoranschlag (plus vereinbarten Toleranz) ausgewiesene Betrag, kommt eine Haftung des Planers für unterlassene Kosteninformationen überhaupt erst in Frage.

Nun ist es aber so, dass selbst wenn eine haftungsrelevante Kostenüberschreitung vorliegt und vom Planern nicht angezeigt wurde, der Planer nicht automatisch für diese Mehrkosten haftet. Dies wäre lediglich dann der Fall, wenn eine Bausummengarantie vereinbart wurde. Die Vereinbarung einer Bausummengarantie kommt in der Praxis aber sehr selten vor und darf nicht leichthin angenommen werden. Der Planer muss sich diesbezüglich eindeutig und unmissverständlich zu einer Bausummengarantie bekennen, um einer derart weitgehenden Haftung zu unterstehen.

In der Regel wurde nur eine Kostenlimite vereinbart. Es ist dann zu prüfen, ob die errechneten haftungsrelevanten Kostenüberschreitungen zu einem Vertrauensschaden des Bauherrn geführt haben. Auch hier muss der Bauherr belegen können, dass er sich anders verhalten hätte und Anpassungen am Projekt vorgenommen hätte, wenn er rechtzeitig über die Nichteinhaltung der Kostenlimite informiert worden wäre. Gelingt dem Bauherrn dies nicht, hat er keinen Anspruch auf Schadenersatz gegenüber dem Planer.

Die Haftung eines Planers in Bezug auf Kostenüberschreitung ist selbst bei klaren rechtlichen Grundlagen relativ schwierig zu begründen und erfordert eine gute Übersicht über die Vorgänge auf der Baustelle und eine detaillierte Protokollierung der Bausitzungen.

Um Konflikte und kostspielige Prozesse zu vermeiden ist es wichtig, dass aus dem Planervertrag klar hervorgeht, ob eine Bausummengarantie oder eine Kostenlimite für die Bauausführung vereinbart wurde. Sodann sollten sich die Parteien auch darüber klar werden, wie grosse die Toleranz des Planers bei der Aufstellung des Kostenvorschusses ist und wie die Reserven im Kostenvorschuss im Zusammenhang mit dieser Toleranz zu berücksichtigen sind.

Autor: Christian Stoll

 
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