Trend digitales Bauen: Branchen-Standards? Verträge?
BIM verändert die Zusammenarbeit zwischen Baubeteiligten. Standards entwickeln sich interessenbezogen, BIM-taugliche Verträge hinken hinterher.
Bauplanung und -realisierung komplexer Bauvorhaben erfolgt zunehmend durch digitale Modelle. BIM ist eine Methode zur Entwicklung virtueller Gebäudemodelle basierend auf disziplinübergreifenden, lebenszyklusbezogenen Informationen. Sie verspricht qualitativ bessere, ökologisch nachhaltigere und kostengünstigere Bauten mittels durchgängig verfügbarer Daten.
Etwas weiter geht die SIA-Norm 112, Modell Bauplanung, aus dem Jahr 2014. Diese scheint vom Bauherrn in den einzelnen (Teil-)Phasen zwar mehr Leistungen und Entscheide zu verlangen. In aller Regel geht es dabei jedoch nur um die Genehmigung von Arbeitsergebnissen, welche die Planer zuvor geschaffen haben. Dass dem Bauherrn im Rahmen der Planung und Realisierung eines Bauvorhabens eine aktive, gestaltende Rolle zukommt, kommt auch bei der SIA-Norm 112 nur ansatzweise zum Ausdruck. Dies sollte sich mit der neuen SIA-Ordnung 101, Ordnung für Leistungen der Bauherren, aus dem Jahr 2020 nun grundlegend ändern.
Neue Zusammenarbeitsformen
Die BIM-Methode bedarf einer Vereinbarung. Die zu liefernden Ergebnisse soll der Besteller definieren. BIM funktioniert nur teamorientiert-interdisziplinär ohne Silodenken. Daten sind auf derselben Plattform einzuspeisen und abzuholen. Aufgaben verschieben sich, etwa vom Fachplaner zum modellbasierten Planer. Besonders herausfordernd ist die Koordination. Eine architektonische Plananpassung geht schneller als die Projektanpassung des Bauingenieurs. Schnittstellen stimmen nicht mit denjenigen des SIA-Phasenmodells überein. Management, Handwerker und Bewirtschaftung sind schon in der Planungsphase einzubeziehen. Leistungsanteile ändern sich, was Honoraransprüche, zumal bei vorzeitiger Vertragskündigung, tangiert, und das primäre Interesse am Projektergebnis steht über dem eigenen Nutzen, was einen Kulturwandel bedingt.
Neue Standards, neue Verträge?
Es gibt nicht die eine BIM-Methode und auch keinen rechtlichen BIM-Standard. Musterdokumente und Empfehlungen des SIA, der KBOB oder von «Bauen digital Schweiz» dienen lediglich der Orientierungshilfe. Geschäftsmodelle von Bauherren, Investoren, Total- und Generalunternehmern sowie Generalplanern divergieren teils erheblich. Architekten und Ingenieure fürchten deren Auswechselbarkeit bei Offenlegung ihrer nativen Daten. Somit sind – projektadäquat – neue rollenspezifische Verpflichtungen zu regeln. Kritische Vertragspunkte sind Haftung und Gewährleistung, Nutzungsrechte an Modelldaten, IT-Verantwortung oder die Vergütung für BIM- und phasenübergreifende Leistungen. Musterverträge dafür gibt es noch nicht. Immerhin setzt sich der planerseitige SIA-Fachrat Digitale Transformation mit den jüngsten bestellerseitigen BIM-Initiativen der KBOB und der SBB («Sechs-Punkte-Plan») auseinander. Ziel ist, ein angepasstes Phasenmodell sowie neue Honorarmodelle zu entwickeln. Ob daraus praxiserprobte Branchenstandards entstehen, wird sich weisen.
Autor: Daniel Thaler
Bildquelle: Scott Graham on unsplash.com