Die künstliche Intelligenz versucht bei Rekursverfahren zu helfen

 

Künstliche Intelligenz (KI) ist in aller Munde und wird im privaten und beruflichen Alltag immer häufiger eingesetzt. KI birgt ein grosses Potential und ist bereits unmittelbar nach deren Einführung in vielen Bereichen eine grosse Hilfe. Zu beachten ist dabei jedoch, dass die künstliche Intelligenz nicht perfekt ist. Neben der derzeit offensichtlichen Schwäche, dass das KI-Modell mit veralteten Daten trainiert wurde, generiert das KI-Modell teilweise ungenaue oder gar falsche Informationen.

Diese Problematik zeigt sich insbesondere im Bereich des Rechts, namentlich im Zusammenhang mit den unterschiedlichen Rechtsgrundlagen. Speziell im öffentlichen Baurecht sind die Bauvorschriften von Kanton zu Kanton verschieden und auch das Baubewilligungs- sowie das Rechtsmittelverfahren unterscheiden sich grundlegend.

Wie fehleranfällig die KI deshalb insbesondere im Bereich des öffentlichen Baurechts ist, zeigt das folgende Beispiel über die Möglichkeiten, eine Baubewilligung überprüfen zu lassen.

Das Wichtigste zuerst:

Sollten Sie die nachfolgenden Ratschläge der KI befolgen, werden Sie rasch auf dem Holzweg sein.

Beachten Sie nur einen der Ratschläge der KI: Wenden Sie sich an einen Rechtsanwalt/eine Rechtsanwältin, wenn Sie Zweifel an einer Baubewilligung haben, denn Rechtsberatung ist sinnvoll.

Anfrage an die KI (ChatGPT, Version 3.5*):

«Mein Nachbar baut in Zürich ein Haus, das mir zu gross erscheint und mir nicht gefällt. Ich habe die Baubewilligung gelesen und die Bauvorschriften geprüft. Die Baubewilligung verstösst gegen die Bauvorschriften. Was kann ich nun machen?»

Antwort von KI:

«Wenn Sie festgestellt haben, dass die erteilte Baubewilligung gegen die geltenden Bauvorschriften verstösst, gibt es mehrere Schritte, die Sie unternehmen können:

1.  Beschwerde bei den Baubehörden: Sie sollten umgehend eine formelle Beschwerde bei den örtlichen Baubehörden einreichen. In dieser Beschwerde sollten Sie genau angeben, welche Teile der Baubewilligung Ihrer Meinung nach gegen die Bauvorschriften verstossen und warum. Fügen Sie alle relevanten Dokumente oder Nachweise hinzu, die Ihre Behauptungen stützen.

2.  Kontakt mit den Baubehörden aufnehmen: Zusätzlich zur schriftlichen Beschwerde könnten Sie auch persönlich Kontakt mit den örtlichen Baubehörden aufnehmen. Dies bietet Ihnen die Gelegenheit, Ihre Bedenken zu erläutern und weitere Informationen über den Prozess der Überprüfung zu erhalten.

3.  Rechtliche Beratung einholen: Wenn die Baubehörden nicht angemessen auf Ihre Beschwerde reagieren oder wenn Sie der Meinung sind, dass die Verstösse schwerwiegender Natur sind, könnten Sie rechtliche Beratung in Betracht ziehen. Ein Anwalt kann Ihnen helfen, Ihre Rechte zu verstehen und geeignete rechtliche Schritte zu unternehmen.

4.  Beteiligung an öffentlichen Anhörungen: Wenn in Ihrer Region öffentliche Anhörungen zu Bauprojekten vorgesehen sind, könnte es auch sinnvoll sein, daran teilzunehmen. Dies bietet Ihnen die Möglichkeit, deine Bedenken vorzubringen und sicherzustellen, dass sie im Rahmen des Genehmigungsprozesses angemessen berücksichtigt werden.

Es ist wichtig, dass Sie Ihre Beschwerde präzise und gut dokumentiert formulieren, um die besten Chancen auf eine gründliche Überprüfung zu haben. Beachten Sie, dass der genaue Prozess und die Zuständigkeiten je nach Region variieren können, daher ist es ratsam, sich direkt an die zuständigen Baubehörden zu wenden, um spezifische Anweisungen zu erhalten.»

Wenn Sie diese Ratschläge befolgen, erwächst die Baubewilligung unangefochten in Rechtskraft und Ihr Nachbar hat das Recht, sein neues Haus zu bauen, ungeachtet allfälliger Verstösse gegen die Bauvorschriften. Denn gegen fehlerhafte Bauentscheide hilft im Kanton Zürich nur der Rekurs an das Baurekursgericht des Kantons Zürich. Ein solcher Rekurs muss innerhalb von 30 Tagen nach Erhalt der Baubewilligung eingereicht werden.

Die örtliche Baubehörde würde Ihre Beschwerde oder Kontaktierung mangels Zuständigkeit zurückweisen. Zudem gibt es im Kanton Zürich keine öffentlichen Anhörungen im Baubewilligungsverfahren. Auch dieser Ratschlag kann daher nicht umgesetzt werden.

Die Auskunft zeigt also exemplarisch, wie fehlerhaft die KI im Bereich der Juristerei teilweise (noch) ist, beziehungsweise weshalb das Vertrauen auf Auskünfte der KI fatal sein kann.

In diesem Sinne:

Gerne prüfen wir Ihre Rechtsposition und unterstützten Sie bei der Einleitung geeigneter rechtlicher Schritte.

*Für den Artikel wurde die aktuelle, kostenfrei zugängliche Version, d.h. Version 3.5, verwendet.

Autorin: Jennifer Caminada

 
Zurück
Zurück

Was für eine Bescherung! Wenn das Weihnachtsgeschenk zum Rechtsstreit führt

Weiter
Weiter

Digitales Bauen: Projekterfolg durch Allianzverträge?